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CD of the Week!- Klassik Heute (Germany)10/10/10 (Maximum rating!)

July 19, 2009

Heinz Braun, Klassik Heute, Germany


China ist in – und dies nicht erst seit den Olympischen Sommerspielen im vergangenen Jahr. Das Interesse am Reich der Mitte, an dessen Sprache und Kultur ist in den letzten Jahrzehnten stetig gewachsen. Allein ein flüchtiger Blick genügt, um sich von der vermeintlichen Überlegenheit des Abendlandes zu verabschieden und sich in staunender Demut zu üben: so reich, so übervoll von Schönheiten ist die Kultur Chinas, und das wenige, das wir davon hier im Westen bislang überhaupt kennengelernt und wahrgenommen haben, erweist sich als die Spitze eines Eisbergs, dessen Größe und Bedeutung sich erst nach und nach erschließt.

Einer der schönsten und vielleicht auch tiefgreifendsten Wege, in eine fremde Kultur einzutauchen, ist der künstlerische Austausch, die aktive kreative Auseinandersetzung mit dem Andersartigen und zugleich die Erkenntnis, wie viel Gemeinsames es zu entdecken gibt.

Die dänische Blockflötistin Michala Petri hat sich zusammen mit ihrer chinesischen Partnerin Chen Yue auf eine faszinierende musikalische Reise begeben. Ihr Projekt „Dialogue – East meets West" stellt Duette für (westliche) Blockflöte und (chinesische) Querflöte einander gegenüber, die 2007 von je fünf chinesischen und dänischen Komponisten eigens für diese CD konzipiert wurden.

Ich war auf das Resultat mehr als gespannt: Chinesische Folklore versus westliche Avantgarde? Pentatonik gegen Dodekaphonie? Hedonistischer Schönklang im Kontrast zu modernen Spieltechniken? Es würde den Rahmen sprengen, auf alle zehn eingespielten Werke näher einzugehen. Soviel sei gesagt: Alle zehn Stücke sind überaus hörenswert und bieten ein breites Spektrum von ästhetischen, stilistischen und formalen Ansätzen. Alle Konzepte überzeugen, spielen sie auf traditionelle Volksmusik Chinas bzw. der Inneren Mongolei an (Li Rui, Gang Chen, Siqin Chaoketu), verbinden sie beide Welten (Hu Yao, Pernille Louise Sejlund) oder präsentieren sie sehr persönliche kompositorische Lösungen (Anders Monrad, Mette Nielsen, Kasper Rofelt, Benjamin de Murashkin und Ruomei Chen).

Von der ersten bis zur letzten Minute habe ich mit Spannung, Freude und Staunen zugehört. Manchmal war es sogar schwer zu unterscheiden, woher welche Musik kommt. Ein gutes Zeichen, denke ich. Wieder einmal erweist sich das „kleine" Dänemark (damit wohl stellvertretend für viele skandinavische Länder) als Hort stilistisch-ästhetischer Pluralität jenseits festgefahrener akademischer Begrenzungen, wie sie so in Deutschland etwa mit seinem faktisch klar umrissenen Bild, was sich in der „Neuen Musik" ziemt, kaum denkbar wäre.

OUR Recordings hat dem Projekt alle nur denkbare Liebe und Sorgfalt angedeihen lassen: Aufnahmequalität, ausführliche Werkkommentare, Design – alles vom Feinsten! Herausgekommen ist eine der aufregendsten, inspirierendsten und inspiriertesten Blockflöten-CDs der vergangenen Jahre.

Michala Petris Ost-West-Projekt markiert den Idealfall eines interkulturellen Dialogs: Musik, die mir Hoffnung gibt, dass die Zeitgenössische Tonkunst eine Zukunft hat!

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