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Klassik Heute, Germany 9/10/9

August 12, 2016

Christoph Schlüren

Klassik Heute, Germany
Axel Borup-Jørgensen (1924-2012) war einer der bedeutendsten dänischen „Modernisten“ im Schatten der jüngeren Kollegen Per Nørgård, Ib Nørholm und Pelle Gudmundsen-Holmgreen. Über die Landesgrenzen ist er kaum bekannt geworden, doch seit seinem Tode beschäftigt sich das Label OUR Recordings intensiv mit seiner Musik im Rahmen der „Edition Borup-Jørgensen“, deren jüngste Veröffentlichung eine repräsentative Auswahl seiner Klaviermusik umfasst. Es spielt Erik Kaltoft, der 45 Jahre lang mit dem Komponisten zusammenarbeitete. Borup-Jørgensen kannte ich bisher vor allem durch seine farbenreich-komplexe Tondichtung Marin für großes Orchester. Seinem ganzen Naturell nach ist er ein Impressionist, der sich in den fünfziger Jahren die dodekaphonischen Verfahrensweisen in der Nachfolge Anton Weberns aneignete und mit einer atmosphärischen Geschlossenheit zum Hören einlädt, die nicht auf zielstrebiger Entwicklung oder dramaturgischen Kontrasten aufgebaut ist. Vorliegende Kompilation gibt einen guten Überblick über seine teils deutlich unterschiedlichen Schaffensphasen. Drei frühen Stücken von 1948-49 folgen zwei experimentell fragmentierende Werke von 1958-59. Die Musik der siebziger Jahre (Sommer intermezzi von 1971 und Epigrammer von 1976) zeigt eine offenkundige Abklärung des Stils, 1985-88 (Phantasiestück für Celesta und das titelgebende Thalatta! Thalatta!) eine zunehmend minimalistische Reduktion, die wechselnde Muster über längere Zeiträume beibehält, und das Regentropfen-Interludium von 1994 bildet den beinahe schon verklärten Abschluss – wobei die CD gar nicht chronologisch, sondern in dieser Hinsicht bunt durcheinander angeordnet ist, was für sinnvolle Kontraste sorgt. Man merkt sofort, dass Borup-Jørgensen ein guter Pianist war, seine Musik ist ganz natürlich für das Instrument geschrieben und weiß, die Register farblich ideal zu nutzen und zu kombinieren. Natürlich ist diese Musik – bis auf die Frühwerke, unter welchen das erste (eine kleine Passacaglia) in seiner so ganz unprätentiösen Schlichtheit bemerkenswert ist, nicht geeignet für Hörer, die Expressivität und Drama suchen. Es handelt sich vielmehr um permutativ fließende Klangskulpturen, und Erik Kaltoft ist mit diesen Stücken so tief vertraut und auch pianistisch so souverän, dass man durchaus von einer authentisch autoritativen Aufnahme, von einer berechtigten Referenz sprechen darf. Auch Flügelabstimmung, Raumakustik und klangtechnische Abbildung sind vorzüglich, und der Booklettext von Trine Boje Mortensen informiert grundlegend und essenziell. Eine willkommene Erweiterung des Horizonts für Pianisten, die sich abseits traditioneller Pfade Anregungen holen wollen. Christoph Schlüren [13.08.2016]
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität: 10
Gesamteindruck: 9


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